Kontaminierte Kabinenluft in Flugzeugen "AEROTOXISCHES SYNDROM"

Donnerstag, den 09. Januar 2014 um 19:57 Uhr Aida Infante
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Informationsblatt bei Verdacht auf (Organophosphat-) VERGIFTUNG
(nach Eintritt von Beschwerden/Symptomen - auch oder gerade ohne Geruchswahrnehmungen)
(C - Copyrights) A.Infante - 111213
 

Das ist ein Notfall: 

• Verschluss der Atemwege durch krampfhafte Verengung der Bronchien oder Anschwellen der Stimmbänder bei Inhalation reizender Rauchgase
• Flüssigkeit im Lungengewebe bei Inhalation reizender Rauchgase
• Veränderung des Blutes mit Störung des Sauerstofftransportes oder der Verwertung von Sauerstoff im Körper
• Atemlähmung im Brustbereich (z.B. durch Organophosphat-Pestizide)
• Störung der Atmungssteuerung im Gehirn (z.B. durch Chlorkohlenwasserstoffe);
• Inhalation von Gasen, die den lebensnotwendigen Sauerstoff der Atmosphäre verdrängen

Symptome und Anzeichen können sein u. A.:
• Schwierigkeiten beim Atmen mit einer anfänglichen Erhöhung der Atemfrequenz (über 30 pro Minuten). Abfall bis zum Stillstand möglich
• Ein schneller Puls, üblicherweise über 100 pro Minute
• Bläuliche Haut, Lippen und Zunge purpurfarben
• Das Unfallopfer kann nach anfänglicher Unruhe apathisch und schlaff werden
• Es kann Bewusstlosigkeit eintreten
Bei akuten Organophosphatvergiftungen können durch die Bestimmung der Cholinesterase-Aktivität Anhaltspunkte über die Intoxikation erhalten werden.
• Die Bestimmung der AChE-Aktivität wird als Expositionsindikator besonders empfohlen
• Die inhibitorische Wirkung der Organophosphate auf die AChE ist unterschiedlich
• Vorwiegend erfolgt eine AChE-Hemmung durch Parathion, Methylparathion, Mevinphos, Dimethoat und Azinphosmethyl
• Der Konzentrationsabfall der AChE beträgt bei akuten Vergiftungen mehr als 50 % des individuellen Ausgangswertes, wobei die AChE eine interindividuelle Variabilität aufweist
• Die AChE erreicht wieder ihre volle Aktivität (Ausgangswert) spätestens innerhalb von drei Monaten (je nach Hemmungsausmaß)

Diagnose und Symptome/Anzeichen können sein u.a.:

 • (Nach chemischen Belastungen durch Rauch, Nebel oder/und Gase kann es bei Unfallopfern auch zur Reizung und Entzündung des Rachens, der Luftröhre und der Bronchien kommen (Diese Entzündungen treten einige Stunden oder Tage nach Exposition ein)
• heftiger trockener Husten
• Rauhigkeitsgefühl in der Luftröhre im Halsbereich und unter dem Brustbein, das sich durch Husten verschlimmert
• Kurzatmigkeit und Keuchen

ACHTUNG: Sollten die beschriebenen Symptome nicht nachlassen, sollte funkärztlicher Rat eingeholt werden und das Unfallopfer in ein Krankenhaus überführt werden.

Erste Hilfe Maßnahmen bei Verdacht auf eine Vergiftung durch toxische Chemikalien:

1. Beschmutzte, getränkte Kleidung möglichst und sofort ausziehen
2. Nach Einatmen: Frischluftzufuhr
3. Bei Beschwerden Arzt aufsuchen
4. Nach Hautkontakt: sofort abwaschen mit viel Wasser und Seife
5. Nach Augenkontakt: Bei Berührung mit den Augen mit reichlich Wasser spülen und Arzt konsultieren.
6. Nach Verschlucken: Kein Erbrechen herbeiführen
7. Sicherstellung von Atmung bzw. Beatmung
8. ggf. Antidottherapie (abgestimmt mit dem toxikologischen Auskunftsdienst)

Ärztliche!! 1.Hilfsmassnahmen bei Verdacht auf Vergiftung durch Organophosphate

Bei akuten Intoxikationen:
1. Sicherung der vitalen Funktionen
2. Anamnese
- Exposition: berufliches Umfeld, Einhaltung der Schutzmaßnahmen
- Symptome: klinische Allgemeinsymptome
- Verlauf: Beginn, Art und Zeitlicher Verlauf der Beschwerden
3. Untersuchung:
- knoblauchartiger Geruch der Ausatemluft?
- möglich vollständige körperliche Untersuchung auf o.g. Symptome
(bei einer akuten und chronischen AChE-Hemmer-Vergiftung: Hypersalivation, Miosis, Schweißneigung, Übelkeit, Kopfschmerzen, Übelkeit, Sehstörungen können Zeichen einer leichteren Intoxikation ein)
- massive Sekretion, Bronchialbeschwerden/Atemnot deutet auf eine schwerwiegendere Intoxikation hin
- Muskelzuckungen - Bei hoher endogener Katecholaminkonzentration können die muskarinartigen Wirkungen überdeckt sein und Tachykardie (Herzbeschwerden) und Hypertonie das Vergiftungsbild beherrschen


4. Biologisches Monitoring:

- Bestimmung der erythrozytären AChE-Aktivität: Reduktion auf 70 % des individuellen
Bezugswertes lässt erste klinische Symptome erwarten;
- Bestimmung der Neurotoxischen Esterase (NTE)-Aktivität

Hinweis:
o Konzentrationsabfall der AChE-Aktivität, bei akuten Vergiftungen von mehr als 50 % des individuellen Ausgangswertes
o Die AChE erreicht ihre volle Aktivität (Ausgangswert) wieder spätestens innerhalb von drei Monaten (je nach dem Ausmaß der Hemmung)
o Zu beachten ist, dass die AChE-Aktivität individuell stark variiert. Bestenfalls sollte daher der Bezugswert des individuellen AChE-Wertes bereits vor einer Belastung bestimmt werden!!!
o Bei Berufsgruppen wie z.b. die des Fliegendes Personals ist daher eine AChE-Bestimmung bereits bei Einstellung oder orientierend nach einer Expositionspause von 3-4 Wochen in Betracht zu ziehen (könnte zu kurz sein, ideal wären 3 Monate, deshalb orientierend)
o Für die Bestimmung der Parameter existiert ein "Mobiler Cholinesterase-Schnelltest zur Felddiagnostik einer Organophosphat-Exposition im Vollblut" - Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Bundeswehr, München (Leiter: Oberstarzt Priv.-Doz. Dr. H. Thiermann)

Zur Methode:
"In einem von der Bundeswehr beauftragten Entwicklungsvorhaben wurde ein mobiles In-vitro-Diagnostikum (IVD) für die Bestimmung der AChE- und Butyrylcholinesterase (BChE)-Aktivität im Vollblut (ChE-Schnelltest IVD) entwickelt und CE-zertifiziert."
Link & Quelle: http://www.wehrmed.de/article/1789

Der mobile Schnelltest liefert innerhalb von ca. 4 Minuten ein aussagekräftiges Ergebnis. Der Wert, der jedoch direkt nach der Exposition mit Nervengiften ermittelt werden kann, sollte bestenfalls in Bezug zum Normalwert (3-4 Wochen andauernder Expositionsstopp (tentativer Normalwert) oder Ausgangswert vor Expositionsbeginn) des Betroffenen gestellt werden und kontrolliert werden.

5. Messung des Indikators für einer Organophosphat - Intoxikation (OPIDN):
Irreversible Hemmung der NTE - Neurotoxischen Esterase (Neuropathy Target Esterase)

Hinweis:
o Die NTE-Aktivität wird bereits nach wenigen Stunden, nach der OP-Exposition, gehemmt
o Als Regenerationshalbwertszeit gilt die Dauer von 5-7 Tagen
o Auch beim NTE-Wert gilt es, die individuelle Schwankungsbreite der NTE-Aktivität zu beachten, die vor einer OP-Exposition zu bestimmen ist [Differenz zum Ausgangsbefund = min. 70 %-Einschränkung der NTE-Aktivität]
o Bei Bestimmung der Acetylcholinesterase in den Erythrozyten, sowie bei der Bestimmung der Neurotoxischen Esterase (NTE) in den Leukozyten sollte auf eine sorgfältig Probenahme geachtet werden.
Zu beachten ist:
Einmalentnahmebesteck (inkl. Antikoagulans z.B. EDTA-Monovette)
mindestens 2 ml Blut durch Venenpunktion
Innerhalb von 8h (bei +4 bis +6°C bis zu 24 Stunden) nach der Blutprobenentnahme sollte eine Abtrennung der Erythrozyten vom Plasma stattfinden, sowie eine Isolierung der Leukozyten
Hämolyse (Auflösung von roten Blutkörperchen, den Erythrozyten) der Blutprobe vermeiden
Detaillierte Dokumentation der Patientendaten, Probenahme
6. Bestimmung von Metaboliten einzelner Organophosphate


Therapeutische Massnahmen - Checkliste:

o Benetzte Kleidung entfernen
o Haut gründlich mit Wasser abwaschen
o Sicherstellung von Atmung bzw. Beatmung
o Antidottherapie (abgestimmt mit dem toxikologischen Auskunftsdienst)

 

"Erkrankungen durch organische Phosphorverbindungen - Organophosphate" Bei Verdacht auf Flugbetriebs-Exposition (Vergiftungen durch Kontaminierte Kabinenluft in Flugzeugen "AEROTOXISCHES SYNDROM")

Einführung

Organische Phosphorverbindungen, auch Organophosphate genannt, sind die Ester und/oder Amide der Phosphorsäure, einige Ester der phosphorigen Säure (Phosphite) und der Phosphorsäureester (Phosphonate). Außer den eigentlichen Phosphorsäureestern fallen auch die entsprechenden Thio- und Dithioverbindungen unter diese Gruppe.

Zahlreiche Phosphorverbindungen können auch in Innenräumen oder/und der Arbeitsumgebung eines Flugzeuges vertreten sein.

Beispielweise werden auch heute noch Flugzeuge mit Insektiziden behandelt. Darüber hinaus befinden sich aber auch Organophosphate in Triebwerksölen (3-5 % Anteil / "finger print")

Neueste Forschungsergebnisse / Studien-Links:
• Development of diagnostics in the search of an explanation for toxic airline syndrome (Lawrence M. Schopfer, Clement E. Furlong and Oksana Lockridge) http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2900449/pdf/nihms203924.pdf
• Autoantibodies to Nervous System-Specific Proteins Are Elevated in Sera of Flight Crew Members: Biomarkers for Nervous System Injury (Mohamed B. Abou-Donia, Martha M. Abou-Donia, Eman M. ElMasrya, Jean A. Monro & Michel F. A. Mulder) http://www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/15287394.2013.765369?journalCode=uteh20&#.Uspu97Qc9pi

Organophosphate werden auch als Herbizide und Fungizide eingesetzt. Organische Phosphorverbindungen können allerdings auch in der Herstellung von Kunststoffen und Lacken zur Anwendung kommen. Als Weichmacher, Härter und Beschleuniger, als Emulgatoren, Flammschutzmittel, Hydraulikflüssigkeiten, Schmieröladditive und Antiklopfmittel findet man ebenso Verwendung für diese toxischen Chemikalien.

Metabolismus:
Organophosphate werden durch oxidative und hydrolytische Prozesse umgewandelt. Die oxidativen Prozesse werden durch das Cytochrom P 450 katalysiert und die hydrolytische Spaltung der Esterbindung erfolgt durch Esterasen.
Durch Transferasen werden die Phosphorsäureester demethyliert (Prozess bei dem eine Methylgruppe (CH 3) aus einem Molekül herausgelöst wird)

Im menschlichen Körper können aus Organophosphaten folgende Metabolite entstehen:
1. Dimethylphosphat (DMP)
2. Diethylphosphat (DEP)
3. Dimethylthiophosphat (DMTP)
4. Diethylthiophosphat (DETP)
5. Dimethyldithiophosphat (DMDTP)
6. Diethyldithiophosphat (DEDTP).

Als Schadstoff sei als Beispiel erwähnt:
• Mono-, Di- und Trialkylphosphate
• Diäthyl- und Tributylphosphat
• Triarylphosphate
• Trikresylphosphat
• Alkylarylphosphate
• Diphenylphosphat

Pyrethroide:
• Deltamethrin
• Permethrin

Die Toxizität der verschiedenen Substanzen ist sehr unterschiedlich. Sie ist unabhängig von der Menge der aufgenommenen Substanz und vom Aufnahmeweg.

Toxische Wirkung
Die toxische Wirkung der Organophosphate resultiert aus der Inhibition der AChE und damit des Acetylcholinabbaus, d.h. die spezifische Spaltung des Acetylcholins in Cholin und Azetat wird verhindert. Eine irreversiblen Hemmung des esteratischen Zentrums der Acetylcholinesterase führt zu einer Acetylcholin-Überflutung mit muscarin- und nicotinartigen Symptomen. Durch ständige Nervenimpulse kommt es zu Verkrampfungen und schlimmstenfalls auch zum Tod durch Atemstillstand.

Durch kombinierte Einwirkung verschiedener Wirkstoffe (z.B. mit Pyrethroiden) und durch die in den Präparaten gleichzeitig enthaltenen Lösungsmittel konnten Leberschäden bei Exponierten beobachtet werden.

Organophosphate werden schnell und vollständig über die Lungen und den Magen-Darm-Trakt, verzögert über die Haut, aufgenommen. Letztgenannter Aufnahmeweg spielt vor allem beim Schwitzen eine Rolle.

Die Organophosphate verteilen sich bekanntermaßen gleichmäßig über den gesamten Organismus und durchdringen auch leicht die Blut-Hirn-Schranke.
Metabolische Prozesse können auf die aktuelle Wirkung erheblichen Einfluss haben. Stoffwechselvorgänge können auch zu einer Abschwächung der Giftwirkung führen.

Phosphorsäureester reagieren mit bestimmten Enzymen, insbesondere den Esterasen.

Insektizide Phosphorsäureester gelten als Hemmstoffe der Cholinesterase.

Einige Organophospate, z.B. das Tri-orthokresylphosphat, können so wie einige Insektizide, Lähmungen, durch irreversible Demyelinisierung der Nerven und der zugehörigen Rückenmarksbahnen, verursachen.
Im Rahmen der organischen Phosphorsäureester nimmt die Vergiftung mit Trikresylphosphat eine Sonderstellung ein.

Die Isomere des Trikresylphosphats finden sich in den Triebwerksölen der zivilen Luftfahrt. Bei Aufnahme solcher Öle kann es nach einer Latenzzeit von 1-3 Wochen zu einer an den Extremitäten aufsteigenden motorischen Lähmung kommen. Diese wird durch einen toxischen Metaboliten der mono-ortho-Isomere von Trikresylphosphat erzeugt.

Langzeitwirkungen und Chronische Expositionen:

Bei chronischer Organophosphatintoxikation sind axonale Degenerationen in den langen Bahnen des Rückenmarks progressiv und das Krankheitsbild erinnert in seinem Verlauf an eine multiple Sklerose.

Die Organophosphate können durch Schwellung des Axons zur Axondegeneration beitragen.

Bei akuten Tri-o-kresylphosphat-Intoxikationen kommt es auch zur irreversiblen Demyelinisierung der peripheren Nerven, Vorderhornzellen und der Pyramidenbahn.

Triarylphosphate bewirken pathomorphologisch eine Axondegeneration peripherer Nerven und der Hirnstränge in Höhe des Halsmarkes sowie der Pyramidenbahn in Höhe des Lumbalmarkes. Diese Veränderungen führen zu funktionellen Störungen des peripheren und zentralen Nervensystems.

Eine weitere Esterase für spezifische Organophosphatwirkungen ist die Neuropathy Target Esterase (NTE). Sie ist eine Carboxyesterase, die im Gehirn, Rückenmark und den langen Axonen peripherer Nerven sowie in Lymphozyten vorkommt. Die Hemmung der NTE erfolgt nach Phosphorylierung wie bei der AChE. Nach Abspaltung kommt es zur Ausbildung einer Bindung zwischen dem Serin, im katalytischen Zentrum der NTE und dem Organophosphat. Als Ergebnis entsteht ein nicht reaktivierbares Enzym.

Dadurch kommt es zur primär das Axon betreffenden Schädigung des Nervengewebes mit
nachfolgenden Veränderungen der Myelinscheiden. Auf die Inhibition der NTE durch bestimmte Organophosphate wie Tri-o-kresylphosphat wird die verzögerte Polyneuropathie OPIDN (organophosphate induced delayed polyneuropathy)zurückgeführt.

Die neurotoxische Wirkung der Organophosphate steht in Beziehung zur Hemmung der NTE. NTE könnte als Biomonitoring-Marker für eine durch Organophosphate ausgelöste Polyneuropathie von Bedeutung sein.

Organophosphate zählen zu den Endocrine disrupting chemicals (EDC's) und wirken somit auf den Hormonhaushalt.

Mögliche, chronische Darstellung/Folgeerkrankungsbilder (bis Jahre später in Folge auslösbar, da die Halbwertszeit der als mutagen, kanzerogen und neurotoxisch eingestuften Nervengifte bis zu 5 Jahrzehnte andauern kann):

M Parkinson
infl. Polyneuropathie
Krampfneigung
Leberstörungen
Verringerte Entgiftungskapazität
Allergie und Intoleranzen
Multiple Chemische Sesitivität (MCS)
Nierenerkrankungen
Chronische Erschöpfung (CFS)
chronische Blutbildungsstörungen
Chronische Inflammationsprozesse
Toxische Encephalopathie
erhöhte Gefahr für Leukämie- /Tumor- / Krebserkrankungen)
Multiple Sklerose MS
ALS
Depressionserkrankungen
Chronische verlaufende Vergesslichkeit (Morbus Alzheimer-Bild)

Vergiftungen und Verletzungen durch Chemikalien sind gemäß § 16e des deutschen Chemikaliengesetzes meldepflichtig!


Mögliche Codierungen im ICD-10 (Diagnoseschlüssel zur Bezeichnung einer anerkannten Krankheit) und in BK-Verfahren (Berufserkrankungsanerkennung), die insbesondere auch für Flugpersonal von Relevanz sein können sind:

Vergiftung mit Mycotoxinen (Aflatoxin) T 64.0
Vergiftung mit Organophosphaten T60.0 BK 1307
Vergiftung mit Trikresylphosphat T65.8 BK 1307
Vergiftung mit Per/Cypermethrin T60.1
Vergiftung mit Pyrethroiden T60.2
Vergiftung mit Beryllium T56.7 BK 1110
Vergiftung mit Kerosindämpfen T52.0 BK 1317
Schädigung durch Aluminium (-OH) T49.1 BK 4106
Schädigung durch Ionisierende Strahlung W 91.0 BK 2402

Toxikologische und arbeitsmedizinische Informationen zum Umgang mit vermeintlich Exponierten nach Smoke/Fume/Smell-Event während oder/und nach Flugbetrieb:

Charakteristisch für eine Organophosphatexposition ist die Cholinesterasehemmung. Bereits bei Hemmung um ca. 50 % und mehr (des Normalwertes) treten erste, klinische Symptome mit den Zeichen cholinerger Erregung auf.

Das Bild der Vergiftung kann durch vielfältige Symptome gekennzeichnet sein:

Kopfschmerzen, Schwindel, Verwirrung, Leibschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Erregung, Krämpfe, Halluzinationen, Angst, Beklemmung, Muskel-Zuckungen, Augen-Zittern, Bewusstlosigkeit, Vergesslichkeit, Verwirrung, Benommenheit, Krampfanfälle, Atem- und Kreislaufdepression, Tränen- und Speichelfluss, erhöhte Bronchialsekretion, Bronchospasmus (Dyspnoe), Lungenödem, erhöhte Magen- und Darmdrüsensekretion, erhöhte Peristaltik, Spasmus, Koliken, Durchfälle, Sehstörungen, Bradykardie, Herzrhythmusstörungen, Gefäßtonusminderung, Blutdrucksenkung und vermehrter Schweißproduktion bis hin zu Koma.
Der Tod kann durch Herz-Kreislaufversagen, aber auch durch Atemlähmung, sowie durch einem Lungenödem eintreten.

• Das Acetylcholin reichert sich an den Augennerv - Endungen, der Herzmuskulatur und der Drüsen an.
• Die Anreicherung von Acetylcholin an den motorischen Nervenendungen (Muskelendplatten) verursacht folgende, mögliche Wirkungen: Muskelsteife, besonders im Nacken u. Gesicht, Tremor, Muskelzuckungen, Krämpfe, Sprachstörungen, Taubheitsgefühle (Parästhesien), neuro-muskulärer Block mit Adynamie, bis zur kompletten Lähmung (Paralyse)
• Bei chronischer Einwirkung kann auch die Nervenleitgeschwindigkeit reduziert werden. Eine Reduktion der EMG- Spannungsamplitude, auf einen supramaximalen Reiz ist ebenso möglich.
• Verzögerte Neurotoxizität ist durch verzögertes Auftreten von Ataxien, distalen Axonopathien in Rückenmarks- und peripheren Nerven, sowie einer Hemmung und Alterung der "Neuropathy target Esterase" (NTE) im Nervengewebe verbunden.

Ein Beispiel für solch ein Neurotoxikum ist das Tri-otolylphosphat (CAS 78-30-8, EINECS 201-103-5, CAS- Bezeichnung: Tris(2-methylphenyl)phosphorsäureester), das auch als Tris-ocresylphosphat bezeichnet wird.

Empfehlung: Humanbiomonitoring im Bevölkerungsschutz
FORSCHUNG IM BEVÖLKERUNGSSCHUTZ-BAND 16

Bestellbar unter www.bkk.bund.de oder DOWNLOADVERSION:
http://www.bbk.bund.de/SubSites/SK/DE/Publikationen/Zivilschutzforschung/Forschung-im-Bevoelkerungsschutz/DownloadsFiB/Band-16_Neu.pdf?__blob=publicationFile

Auf Seite 97 -> Vorgehen bei Organophosphatexposition
Auf Seite 130 -> Laboratorienlisten
Auf Seite 132 -> TELEFONNUMMERN GIFTINFORMATIONS-ZENTREN

 

Um realistische Risikoabschätzungen von karzinogenen und genotoxischen Expositionen besser bewerten zu können, bedarf es der Untersuchung von Kombinationen, welche sich von der Einzelstoffbetrachtung loslöst:
o Uni Oldenburg . Prof. Dr. Witte zu Kombinationswirkungen von Schadstoffen
Link: http://cms.bistum-trier.de/bistum- trier/Integrale?SID=B288D5F2EF2560C9E43DD130C8DC5ADE&MODULE=Frontend.Media&ACTION=View MediaObject&Media.PK=11183&Media.Object.ObjectType=full

Für Flugzeuginsassen, die während oder nach einem Flug erkranken, können folgende, diagnostische Parameter in Betracht gezogen werden:

Schadstoffanalytik:

PAK`s
Pyrethroide (Metabolite z.b. Deltamethrin und Permethrin, DDT, Lindan etc.)
Weichmacher (z.b. PCB, PCP)
Organophosphate (TCP + Isomere, Diphenylphosphat)
Berrylium

Weiter Dignostikparameter können sein:
LTT
(ITT)
IGG
IGE
Autoantikörper auf Nervengewebe
CRP
ATP
Melatonin
Serotonin
Effektorzelltypisierung
Genetische Polymorphismen (CYP1A2, NAT2, PON, GSTP1, GSTM1, GSTT1)
Fettstoffwechselparameter
HDL/LDL

GOT + GPT (Leberwerte + Nieren- und Bauspeicheldrüsencheck)
S 100 + NSE (Bluthirnschrankentest)

Da nach Kurz- oder/und Langzeitschadstoffexposition(en) oftmals in Folge auch oxidativer Stress nachweibar ist, kann auch die Messung folgender Parameter ein Hinweis darauf geben, welche Aufbau-Therapie (die nur in Begleitung von Sachkundigen, Ärzten und Therapeuten entschieden werden sollte) sinnvoll sein könnte (Entgiftungstherapien wie z.b. Chelatbildnertheraien & Apherese/Chemopherese, Antidotmaßnahmen, Aktivkohle- oder/und Zeolitheinnahme etc.):

Messung von:

oxidativer Stress Gesamt (Peroxynitritwert)
Homocystein
Vitamine: A D E K (fettlösliche)
B-12 Vitamine (besonders zu beachten ist B 12)
Vitamin C
Coenzym Q 10
Zink
Selen
Gesamtmineralstatus
Candida albicans-Vorkommen

Intoleranzen auf:

Fructose
Lactose
Histamin
Gluten

Allergien auf:

Mykotoxine (Schimmel-Pilze)
Nahrungsmittel
Zusatzstoffe
Kunsstoffe
Mercaptomix
Perubalsam
Metalle
Farbstoffe
Drogerieartikel (Alltag)
Duftstoffe

• Crewmitglieder und Passagiere, die nach einem Vorfall/Flug über nervengifttypische Symptome / Beschwerden klagen, unmittelbar nach Beschwerdeeintritt, mit einer Überweisung (eines D-Arztes oder/und Hausarztes, Notarztes) in eine Umweltmedizinische Ambulanz (z.b Universitätsklinik Göttingen) überwiesen werden

• Sollte dies aus nachvollziehbaren Gründen nicht auf Anhieb möglich sein, empfiehlt sich die Rücksprache mit einer Giftinformationszentrale Nord (z.b. Göttingen).

Dieses Informationsblatt ist nach langjähriger Erfahrung, im Umgang mit Schadstofferkrankten und Beratung mit Toxikologen, Wissenschaftlern, Umweltmedizinern, Laborexperten, Orthomolekularspezialisten, Arbeitsmedizinern und Nephrologen entstanden und entsprechen in keiner Weise einer eigenen,  ärztlichen Empfehlung, da die Autorin keine Medizinerin ist.

Zur Autorin:

Aida Infante
46 Jahre (Ex-Chefstewardess bei LH - Fluguntauglich seit 1999 durch kontaminierte Kabinenluft)
Trainerin & Beraterin & Coach für ganzheitliche Gesundheit, Führen und Verhalten
Freie Journalistin mit Schwerpunkt Umwelt & Gesundheit & Toxikologie & Orthomolekularverfahren
Redakteurin der Online-Zeitung UmweltRundschau.de
1. Vorsitzende des Internationalen Vereins für Umwelterkrankte (IVU e.V.)
Mitglied der Gesundheits AG "Kontaminierte Kabinenluft

Das Wort Krise setzt sich im Chinesischen aus 2 Schriftzeichen zusammen -
das eine bedeutet Gefahr und das andere Gelegenheit.
(John F. Kennedy)

Quellen und Lektüre:

1. Henschler, D: Wichtige Gifte und Vergiftungen. In: Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie für Studenten der Medizin, Veterinärmedizin, Pharmazie, Chemie, Biologie sowie für Ärzte, Tierärzte und Apotheker. Hrsg. W Forth, 7. Aufl. Heidelberg, Berlin, Oxford, Spektrum Akad Verl. 1996,815-906
2. Merkblatt für die ärztliche Untersuchung zu Nr. 1307 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV). Bek. des BMA vom 10.07.1979, BArbBI. 7/8, 1979 http://arbmed.med.uni-rostock.de/bkvo/m1307.htm
3. Abou-Donia, MB, DM Lapadula: Mechanisms of organophosphorus ester-induced delayed neurotoxicity: Type l and Type II. Ann Rev Toxicol 30(1990) 405-40 z
4. Andreas K: Nervensystem. In: Lehrbuch der Toxikologie. Hrsg. Marquardt, H, SG Schäfer, Mannheim,Wissenschaftsverlag, 1994, 291-312 z
5. Bertoncin, D, A Russolo, S Caroldi, M Loti: Neuropathy target esterase in human lymphocytes. Arch Environ Health 40(1985) 139-44 z
6. Brown, SS, W Kalow, W Pilz, M Whittaker, CL Woronick: The plasma cholinesterase a new perspective. Adv ClinChem 22(1981) 1-123 z
7. Chambers, JE, PE Levi (Hrsg.): Organophosphate chemistry, fate and effects. San Diego (USA), Academic Press 1992 z
8. Coye, MJ, JA Löwe, KT Maddy: Biological monitoring of agricultural workers exposed to pesticides. l. Cholinesterase activity determinations. J Occup Med 28(1986)619-27 z
9. Debleeker, JL: The intermediate syndrome in organophosphate poisoning: An overview of experimental and clinical observation. J Toxicol Clin Toxicol 33(1995) 683-86 z
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14. Johnson, MK: Molecular events in delayed neuropathy: experimental aspects of neuropathy target esterase. In: Ballantyne, B, TC Marrs (Ed.): Clinical and experimental toxology of organophosphates and carbamates. Oxford, Butterworth-Heinemann Ltd, 1992, 90-113 z
15. Johnson, MK, P Glinn: Neuropathy target esterase (NTE) and organophosphorus- induced delayed polyneuropathy (OPIDP): recent advances. Toxicol Lett 82/83(1995) 459-63 z
16. König, L: Spätschäden nach Trikresylphosphat-(TKP-) Intoxikationen. Ergebnis der Nachuntersuchungen von 32 in der Zeit von 1941-1949 erkrankten Personen. Nervenarzt 40(1969) 163-76 z
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22. Mutch,E, PG Blain, FM Williams: Interindividual Variation in enzymes controlling organophosphate toxicity in man. Hum Exp Toxicol 11(1992) 109-16 z
23. Oesch, F: Fremdstoffmetabolismus. In: Lehrbuch der Toxikologie. Hrsg. Marquardt, H, SG Schäfer, Mannheim, Wissenschaftsverlag, 1994, 68-93 z
24. Pope, CN: Organophosphorus pesticides: Do they all have the same mechanism of toxicity? J Toxicol Environ Health B 2(1999) 161-81 z
25. Richardson,RJ: Assessment of the neurotoxic potential of chlorpyrifos relative to other organophosphorus compounds: A criticalreview of the literature. J Toxicol Environ Health 44(1995) 135-65 z